Über 80 Prozent der Verletzung im Laufsport sind auf Überlastungen zurückzuführen (Hespanhol Junior et al., 2017; Walther et al., 2005). Die Bezeichnung «Überbelastung» lässt vermuten, dass die Ursache klar und die Behandlung folglich einfach sein müsste. Eine Struktur wird stärker belastet, als sie es zu diesem Zeitpunkt ist. Das Resultat sind meist Schmerzen.
Der Entstehungsmechanismus tönt banal und man könnte davon ausgehen, dass die Behandlung ebenso einfach ist: Belastung reduzieren, bis die Beschwerden weg sind und anschliessend langsam wieder steigern, sodass sich die Strukturen wieder an die Belastung gewöhnen können. Im Prinzip ist die Herangehensweise richtig, doch wer schon mal selbst eine Überlastungsproblematik hatte, der weiss, dass es sich in der Praxis häufig schwieriger gestaltet als in der Theorie.
Um Belastung und Belastbarkeit wieder in ein ausgeglichenes und gut tolerierbares Verhältnis zu bringen, muss zunächst verstanden werden, was genau unter diesen beiden Begriffen verstanden wird.
Die Belastung wird durch alle externen Reize bestimmt. Es fallen also alle äusseren Reize darunter, die strukturell belastend sind. Demnach setzen unterschiedliche Trainingsformen wie Krafttraining, Koordinationstraining, Dauerlauf, Intervalltraining, Hügelläufe, etc. jeweils unterschiedlich intensive Reize auf die Strukturen. Aber auch andere Faktoren wie das Schuhwerk, der Untergrund, das Streckenprofil, etc. beeinflussen die Intensität und Art des Reizes (van der Worp et al., 2015).
Wenn zwei Personen dasselbe Training absolvieren, sind deren Strukturen also derselben Belastung ausgesetzt. Wie diese beiden Personen jedoch auf den Reiz reagieren, ist abhängig von deren Belastbarkeit, und kann demnach sehr unterschiedlich sein. Ein Beispiel ist der Muskelkater nach einem Krafttraining. Wenn zwei Personen dasselbe Krafttraining absolvieren, sind beide Personen derselben Belastung ausgesetzt, trotzdem kann es sein, dass eine Person am nächsten Tag mehr Muskelkater hat als die andere.
Wie der Körper auf die Belastung reagiert, ist demnach abhängig von der Belastbarkeit. Diese wird durch Faktoren bestimmt, die die Reizverarbeitung beeinflussen. Hier handelt es sich also eher um «innere Prozesse» beziehungsweise «individuelle Voraussetzungen». Ob die Person von dem Krafttraining Muskelkater bekommt, ist beispielsweise abhängig von ihrem Trainingszustand, ihrer Trainingserfahrung im Kraftsport, ihrer genetischen Veranlagung, sowie biologischen Faktoren wie dem Alter.
Aber auch andere Faktoren, die unsere Regenerationsfähigkeit beeinflussen entscheiden darüber, wie belastbar eine Person ist. Die Schlafqualität und -quantität, die Ernährung, die Arbeitsbelastung, das allgemeine Stresslevel und bei Frauen der hormonelle Zyklus können die Regenerationsfähigkeit beeinflussen und werden häufig nicht direkt mit Training und Sport in Verbindung gebracht werden.
Wie gut eine Person auf ein Training reagiert, ist also zum einen abhängig davon, wie stark sie sich belastet, wie gewohnt sie es ist sich dem Trainingsreiz auszusetzen, aber auch, wie ausgeruht sie zum aktuellen Zeitpunkt ist. Es kann also sein, dass dieselbe Person über eine lange Zeit denselben Umfang und dieselbe Intensität an Sport ausübt und plötzlich Schmerzen auftreten. Ein möglicher Grund könnte eine verminderte Belastbarkeit durch unterschiedliche Faktoren sein.
Natürlich kann aber auch ein Wechsel in der Belastung zu Beschwerden führen. Ist eine Person schon immer Intervalle in der Ebene gelaufen, aber noch nie am Berg, so kann es sein, dass diese Person durch das Integrieren von Hügelläufen Beschwerden entwickelt.
Um die Beschwerden wieder in den Griff zu bekommen, muss auf mehreren Ebenen analysiert werden, welche Parameter verändert werden könnten, um eine Verbesserung zu erreichen. Das Schwierige dabei ist, sich nicht im Detail zu verlieren, den Überblick zu behalten und über einen längeren Zeitraum einen klaren Fokus in dem Rehabilitationsprozess zu behalten.
Im nächsten Blog geben wir euch mehr Informationen dazu, wie ihr euer Training selbst dokumentieren könnt, um eine Vorstellung von eurer Trainingsbelastung und eurer aktuellen Belastbarkeit zu erhalten.
Quellen:
Hespanhol Junior, L.C., van Mechelen, W., Verhagen, E., 2017. Health and Economic Burden of Running-Related Injuries in Dutch Trailrunners: A Prospective Cohort Study. Sports Med 47, 367–377. https://doi.org/10.1007/s40279-016-0551-8
van der Worp, M.P., ten Haaf, D.S.M., van Cingel, R., de Wijer, A., Nijhuis-van der Sanden, M.W.G., Staal, J.B., 2015. Injuries in Runners; A Systematic Review on Risk Factors and Sex Differences. PLoS ONE 10, e0114937. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0114937
Walther, M., Reuter, I., Leonhard, T., Engelhardt, M., 2005. Verletzungen und Überlastungsreaktionen im Laufsport. Orthopäde 34, 399–404. https://doi.org/10.1007/s00132-005-0790-0
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